Modehund

Ganz früher waren es mal Collies, dank Lassie. In den Achtzigern mal Fox Terrier, später sogar Pudel. Und vor ein paar Jahren noch hatten Labrador- und Golden Retriever Ihre goldene Ära. Jetzt ist der Rhodesian Ridgeback an der Reihe. Eine wahre Flut an Mode-Ridgebacks (die mit dem Iro auf dem Rücken) bricht über Deutschlands Städte herein. Städte? Großstadt? Etwa Wohnungen? Das kann im Falle Ridgeback auf gar einen Fall „artgerecht“ sein. Das ist zumindest die Ansicht eines allseits bekannten Hundetrainer-Szene-Pabstes (ja, der mit dem Napf), die er via „Hundehalter-Bild“ heraus posaunt. Der Mann ist sicherlich verdientermaßen eine Ikone in der Arbeit und der Erziehung mit und von Hunden. Aber seine meinungsmachenden Äußerungen sollte er vielleicht mal etwas differenzierter vom Stapel lassen.

Eigentlich regt mich das nur auf, weil mein kleiner Bruder einer dieser nicht artgerecht gehaltenen Mode-Ridgebacks ist. Klar, 4-5 Stunden täglich durch den Stadtwald rennen, Rohfleisch Fütterung in freier Wildbahn, Jagdspiele usw. reichen wohl nicht aus, um den Status „artgerecht“ zu erfüllen. Genauso wenig der 100qm – Altbauwohnung – Zwinger in dem wir beide mit Frauchen und Herrchen leben. Und deshalb hier meine Forderung für den Raum Hannover:

Wir brauchen Sand! Viel, viel Sand. Verdammt viel Sand!!! Die Eilenriede muss Brandgerodet werden. Regen abschaffen, Ozonloch vergrößern für mehr Sonne und Temperaturanstieg um mindestens 20 Grad. Und Löwen müssen her! Viele Löwen. Aber Wilde! Nicht die artgerecht gehaltenen aus dem Zoo. Nur dann werden Hannovers Ridgebacks „artgerechte“, glückliche Hunde sein. Alternativ: Alle ins Flugzeug und ab nach Afrika, egal wo sie gezüchtet und aufgezogen wurden.

Und dann sind alle anderen Rassen dran. Die leben dann ja wohl genauso wenig „artgerecht“ wie der Ridgeback hier. Also Schafherden her für Border Collie und Schäferhund. Flächendeckende Treibjagden für Terrier, Bracken und Beagle. Rum-Fass-Trage-Pflicht für Bernhardiner. Und der Maschsee muss komplett mit Enten vollgestopft werden, damit auch ich als Labbi meine „artgerechte“ Auslastung bekomme.

Ach wissen Sie was? Scheiß drauf! Ich bleibe hier und glücklich.

Opportunismus

Ein Fundamentalsatz der positiven Verstärkung lautet: Alle Hunde sind Opportunisten. Kein Wunder. Bei jahrhundertelanger Domestikation hat Hund sich das wohl beim Menschen abgeschaut. Das erklärt auch, warum wir Hunde gern beim Menschen leben – es ist ganz einfach von Vorteil. Aber warum leben Menschen gerne mit Hunden? Ja, wir Hunde sind genügsam, geben bereitwillig körperliche Nähe, sind loyal, vertreiben die Zeit, fungieren als Sozialpartner, Spielkamerad, Kinderersatz und Aufpasser. Die größeren unter uns bieten sogar Schutz vor lichtscheuem Gesindel. Das sind so ein paar Eigenschaften oder Werte, die heutzutage beim Menschen eher selten zu finden sind. Ein Indiz dafür, dass der Mensch auf der Leiter der Evolution ganz oben steht, ist sein überdimensional ausgeprägter Opportunismus. Wer hoch steigt, kann tief fallen. Aber das wollen wir ja nicht hoffen – genauso wenig, wie dass der Hund irgendwann mal versteht, was „Geld“ für eine Bedeutung hat. Denn dann, liebe Frauchen und Herrchen, ist nix mehr mit ’ner Hand voll mit Frolic und einem Billigkauknochen. Dann werden die hundlichen Dienstleistungen mit barer Münze bezahlt werden müssen. Oder Ihr könnt eure scheiß Stöckchen bald selbst apportieren!

Zukunftsvision: Haushund 5.0

Der Hund mit integriertem EC-Kartenlesegerät. Erst Karte durchziehen, dann streicheln!

Die stille Treppe

Die große Diskussion: Wie erziehe ich meinen Hund richtig? Mit positiver Verstärkung? Das ist doch Wattebauschwerfen und Stuhlkreis mit Hund, oder? Lieber die harte Tour, Alphawurf und Schnauzengriff? Was tun, wenn der Hund nicht gehorcht? Auf die stille Treppe schicken oder Metallnapf vor die Schnauze hauen? Fragen über Fragen, auf die jeder Hundeexperte eine Antwort weiß. Nur leider jeder eine andere. Für mich als Hund wirkt die Debatte um die „richtige“Hundeerziehung eher wie ein Profilierungswettbewerb unter Kleingärtnern. Jeder kann und weiß es besser! Nun geht es hierbei aber nicht um Heckenschnitt und Rosensaat, sondern um Lebewesen – was meiner Meinung nach ein bisschen in den Hintergrund geraten ist. Fragen wir doch einfach den Hund, welche Form der Erziehung er bevorzugen würde. Er antwortet nicht? Dann fragen wir halt doch den Menschen. Angenommen Sie würden über eine rote Ampel gehen, welche Konsequenz wäre Ihnen lieber?

a) Eine mündliche Verwarnung

b) 20 Stockhiebe auf die nackten Fusssohlen

Klare Sache, aber mal angenommen „Antwort b“ wäre die Konsequenz, warum würden Sie dann nicht mehr bei rot über die Straße gehen? Ganz klar, aus Angst vor der Konsequenz. Möchten Sie, dass Ihr Hund Angst hat? Wenn ja, geben Sie Ihn in liebevollere Hände und pachten Sie ’nen Kleingarten.

Jetzt ma Futter beie Hunde

Der „Bewusst Ernähren“-Hype ist explodiert! Und einige Splitter haben ihre Zielgruppe „Mensch“ verfehlt, ja sogar durchschlagen. Leidtragende des Kollateralschadens? Wir Hunde! Denn heutzutage gilt: Isst der Mensch gesund, bleibt nix für den Hund. Das war mal anders. In der guten alten Zeit legte man sich unter den Esstisch und wurde von allen Seiten mit Leckereien beworfen. Ein perfektes ökologisches System. Was auf dem Tisch übrig blieb, wurde unterm Tisch gleich verwertet. Und heute? Diätdosenfutter, Futterergänzungsmittel, Barf-Ernährungspläne und „vom Tierarzt empfohlen“. Ob die Menschen wohl nur Äpfel essen, die vom Zahnarzt empfohlen werden? Egal, denn das Auge Saurons der Futtelmittelindustrie hat uns Hunde längst erspäht. Wir sind auch leichtere Beute, uns muss man das Pferdefleisch nicht in Lasagne verpacken – da reicht Plastik oder Weissblech. Ökonomisch statt ökologisch. So geht Fortschritt. Aber eigentlich ist mir das alles egal, selbst wenn man mir ein halbes Kilo Tofu-Pansen auf einem rechteckigen Porzellanteller mit Balsamico-Essig-Streifen-Design serviert, meine Intention bleibt immer die gleiche: Ich will fressen!!!

Wühltischwelpen

Ich habe neulich mit Herrchen ferngesehen. Da war ein Bericht über einen Zoofachhandel, der im Stile eines Discounters Hundewelpen anbietet. Mit Schaufenster und Grabbeltisch. Ich war beeindruckt. Ein weiterer Meilenstein in der Verrohung der Gesellschaft, zu der ich mich als Hund ja auch zähle. Aber viel mehr beeindruckt hat mich der Protest, der „Sturm der Entrüstung“ darüber. Was ist daran so schlimm? Man kann sich ja schliesslich seit Jahrzehnten schon Meerschweinchen, Schlangen, Fische, Karnickel usw. im Zoofachgeschäft um die Ecke kaufen. Oder vielleicht einen Hamster im Starter-Set mit Trinkflasche, Laufrad und Futternapf für 50,00€? Da kann man als Mensch Schöpfer spielen und einem Kleintier eine Welt erschaffen und es dauert nicht mal 7 Tage. Oder man geht zum Schlachter und kauft sich eine Kuh. Noch ganz frisch, in leicht zu transportierenden Stückchen verpackt. Rein theoretisch kann man die dann zu Hause wieder zusammenbauen, Lederhose drüberziehen und fertig. Aber ich glaube, die meisten Menschen essen sie dann doch lieber auf und ziehen die Hose selbst an. Also weshalb die ganze Aufregung – vielleicht weil wir Hunde dem Menschen näher stehen als die Kuh? Oder weil wir in unserem Kulturkreis nicht als Delikatesse gelten? Oder weil man uns Hunden nachsagt wir hätten eine Seele? Ja, das wird es sein! Aber im Gegensatz zum Menschen habe ich als Hund schon bemerkt, dass ALLE Tiere eine Seele haben.

Und jetzt noch mal ein gezielter Bibelwurf in Richtung unserer abendländischen Kultur: Vor Gott sind alle Menschen gleich. Aber warum nicht alle Tiere?
Ganz einfach: Der Mensch hat im Fahrstuhl der Evolution zwei Knöpfe gedrückt. Einen nach unten für Moral und Ethik, einen nach oben für Geld und Ego.
Und wenn dann ganz oben die Tür aufgeht, kann man Einwegwelpen im Zehnerpack bei Aldi kaufen und vielleicht auch irgendwann einmal Menschenkinder, natürlich mit Gebrauchsanweisung in mehreren Sprachen.